Schlüsselmomente im Bundesprogramm „Sprach-Kitas“

Einblicke in unsere pädagogische Praxis

Seit 2016 beteiligen sich deutschlandweit tausende Kindergärten am Bundesprogramm “Sprach-Kitas: Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist”. Im Sommer wurde überraschend das Ende des Programms bekanntgegeben (wir berichteten). Darauf folgten eine der erfolgreichsten Petitionen in der Geschichte der Bundesrepublik und viel kreativer Protest, auch aus der AWO AJS gGmbH - denn jeder vierte AJS-Kindergarten ist eine Sprach-Kita. Wir zeigen, warum der Kampf um ein Fortbestehen des Programms uns so wichtig ist.


Ein Programm - Vier Säulen

Das Programm verfolgt die Verwirklichung von vier inhaltlichen Schwerpunkten. Die Säulen des Programmes bilden die alltagsintegrierte sprachliche Bildung, inklusive Pädagogik, Zusammenarbeit mit Familien und digitale Medien. Unter den teilnehmenden Einrichtungen sind die Kindergärten “Sonnenschein” aus Ilmenau, “Tausendfüßler” aus Neuhaus am Rennweg und die Kindergärten “Buchenberg” und “Siebenstein” aus Erfurt. Diese Einrichtungen der AWO AJS geben einen Einblick in die praktische Umsetzung und die Erfolge die durch das Programm erzielt werden konnten.


Alltagsintegrierte sprachliche Bildung

Kinder entwickeln ihre sprachlichen Kompetenzen in einer anregungsreichen Umwelt. Bei der alltagsintegrierten sprachlichen Bildung erkennt, initiiert und nutzt die pädagogische Fachkraft alltägliche Gelegenheiten, um mit Kindern ins Gespräch zu kommen. Dabei orientiert sie sich an den Interessen und Ressourcen der Kinder.

Im Kindergarten “Sonnenschein” in Ilmenau beginnt die sprachliche Bildung bereits an der Eingangstür. Dort befindet sich ein Willkommensgruß mit den in der Einrichtung vertretenen Sprachen. Die Ausstattung der Gruppenräume ist an die Bedürfnisse der Kinder angepasst. Das Spielzeug ist vielfältig und sprachanregend. So gibt es z.B. Erzählkoffer und Erzählsäckchen. Mit den älteren Kindern wurden Geschichtenwürfel gebastelt. Anschließend erhielten die Würfel die Familien, um auch Zuhause die Sprech- und Erzählfertigkeiten der Kinder zu stärken. Da die Geschichtenwürfel nur bebildert sind, können Geschichten in den jeweiligen Familiensprachen erfunden werden.

Ebenfalls entstanden ist eine Kinderbibliothek. Dort finden Vorlesevormittage statt. Vorgelesen wird dabei sowohl von den pädagogischen Fachkräften als auch von den Eltern - und das in verschiedenen Sprachen. Im Anschluss werden die Fragen der Kinder besprochen.



Inklusive Pädagogik und Zusammenarbeit mit Familien

Da die Säulen der inklusiven Pädagogik und der Zusammenarbeit mit Familien eng einhergehen, werden sie gemeinsam behandelt. Inklusive Pädagogik beinhaltet die Auseinandersetzung der Kinder mit Verschiedenheiten und Gemeinsamkeiten. Die Wahrnehmung und Wertschätzung von Individualität und Vielfalt werden gelebt. Im Kindergarten “Buchenberg” in Erfurt sprechen die Kinder neben Deutsch verschiedene Muttersprachen. Die Sprachvielfalt wird für alle erlebbar gemacht. So spricht täglich ein anderes Kind in der Sprache seiner Wahl eine Tonaufnahme auf einen Buzzer, und teilt so allen mit, was es zum Essen geben wird. Unterstützt wird das Ganze durch Fotos.

Im Sinne der Inklusion wird der Besuch für Kinder und deren Familien möglichst barrierefrei gestaltet. Kinder im integrativen Kindergarten “Buchenberg” können mithilfe von Symbolen und Bildern den Alltag selbstständiger bewältigen. Sprachanregende Aktivitäten, die selbst keine Sprache benötigen, wie etwa gemeinsame Bewegung und Sport, werden durch Bilder begleitet. Der Kindergarten “Siebenstein” nutzt das Metacom-Symbolsystem zur unterstützen Kommunikation. Es hilft bei der Verbildlichung von Abläufen und Tagesstrukturen. Somit fühlen sich auch nicht-deutschsprachige Kinder und Familien angenommen. In beiden Einrichtungen werden bei Bedarf Dolmetscher*innen genutzt und die Elternarbeit bei Aufnahmen erleichtert.

Im Kindergarten “Buchenberg” gibt es eine Elternecke, um Familien einzubeziehen. Die Eltern können sich hier beispielsweise bei der Eingewöhnung aufhalten.

Kindern Chancen zu geben, sich ihren Kitaalltag selbst zu organisieren und aktive*r Teilnehmer*innen zu sein, ist dem Kindergarten “Siebenstein” besonders wichtig. So werden Kindern und Eltern beim Neubau der Einrichtung auf dem Nachbargrundstück einbezogen. Auch der erste Spatenstich wurde gemeinsam mit den Kindern gesetzt.

Die Einrichtung legt bei der Beziehungsgestaltung außerdem großen Wert auf Begegnungen auf Augenhöhe. Mit den Eltern wird an einem Strang gezogen, um pädagogische Maßnahmen erfolgreich umzusetzen. Jährlich gibt es einen statt eines vom Team gestalteten Sommerfestes nun einen Familienwandertag mit Schnitzeljagd um den Auensee.



Digitale Medien

Der Schwerpunkt digitale Medien ist seit 2021 Bestandteil der “Sprach-Kitas”. Tablet und Co. gehören heute zur Lebenswelt von Kindern und ihren Familien. Bedeutend ist daher die Klärung medienpädagogischer Fragestellungen. Der sinnvolle und konstruktive Umgang mit digitalen Medien gilt außerdem als zentral für ein reflektiertes pädagogisches Handeln.

Besonders erfolgreich wird dieser Bereich im Kindergarten “Tausendfüßler” in Neuhaus am Rennweg umgesetzt. Hier wurde das Thema digitale Medien bereits vor dem Programm aufgegriffen. Beginnend setzte sich das Team zunächst mit medienpädagogischen Inhalten auseinander und erprobte den Umgang mit iPads. Im Zuge dessen entstand eine Medienkonzeption. Sie beschreibt sowohl die Einordnung in die pädagogische Arbeit als auch die damit verbundenen Ziele.

Zu dem medienpädagogischen Handeln mit iPads gehören für die Sprach-Kita verschiedene Lernapps. Gute Erfahrungen hat sie dabei z.B. mit der App „Ohrenspitzer“ [unbezahlte Werbung] gemacht. Diese stärkt u.a. das genaue und bewusste Zuhören der Kinder, indem z.B. Alltagsgeräusche erraten werden dürfen. Darüber hinaus schaffte der Kindergarten verschiedene digitale Endgeräte an, z. B. Tonie-Boxen, Kameras, Tiptoi-Stifte und -Bücher sowie digitale Bilderrahmen.