Unsere Positionen zur Bundestagswahl 2021

Unter dem Motto „Deutschland, du kannst das!“ begleitet der AWO Bundesverband die verbleibenden Wochen bis zur Bundestagswahl mit sozial- und gesellschaftspolitischen Forderungen. Auch wir beteiligen uns und machen auf unsere thüringenspezifischen Schwerpunkte aufmerksam.

Gerechte Finanzierung der Pflege!

In der Pandemie hat sich die besondere Verantwortung für den gesundheitlichen Schutz von Menschen in stationären Einrichtungen und in besonderen Wohnformen deutlich gezeigt. Das aktuelle System der Pflegeversicherung treibt Pflegebedürftige jedoch in die Armut.

Als Betreiberin von rund 50 stationären Pflegeheimen mit ca. 3.000 Pflegeplätzen und weiteren sozialen Einrichtungen für Senior*innen beobachten wir, wie die Kosten für die Bewohner*innen steigen, gleichzeitig aber die Zuzahlungen der Pflegekassen unberührt bleiben.

Deshalb erhebt die AWO Thüringen immer wieder ihre Stimme für eine gerechte Finanzierung der Pflege – insbesondere durch die gesetzliche Begrenzung der Eigenanteile – und für die Stärkung des Pflegeberufes mithilfe eines fairen, einheitlichen Pflegetarifs.

Nachhaltigkeit und Klimaschutz!

Von den Folgen der Klimakrise geht die größte Gefahr für die Menschheit aus. Die Entscheidungen und Handlungen der nächsten Regierung werden maßgeblich darüber entscheiden, ob es Deutschland gelingt, seine Verpflichtungen im Bereich Klimaschutz und Nachhaltigkeit einzuhalten.

Die AWO Thüringen setzt sich für eine Gesellschaft ein, die ökologisch nachhaltig lebt und damit die Belange zukünftiger Generationen achtet. Wir berücksichtigen dies beispielsweise bei technischen Fragen des Energie- und Gebäudemanagements, bei Mobilitätsaspekten oder im Bereich Pflege – hier beteiligt sich die AWO Thüringen aktuell am Projekt „klimafreundlich pflegen“, in dessen Rahmen geschaut werden soll, wie die stationäre Pflege ausgestaltet werden muss, wenn es um das Erreichen der Klima- und Nachhaltigkeitsziele geht.

Wie der Bundesverband fordern wir mutiges politisches Handeln, das Veränderungen auf allen Ebenen möglich macht. Zudem fordern wir eine konsequente Umsetzung der Ziele und Maßnahmen, die im Thüringer Klimaschutzgesetz festgehalten sind. Die Maßnahmen müssen dabei von einer Sozialpolitik begleitet werden, die Belastungen und Kosten gerecht verteilt.

Kinderarmut stoppen!

In Deutschland ist jedes fünfte Kind von Armut betroffen. Kinderarmut ist ein zentrales Entwicklungsrisiko mit häufig langfristigen materiellen, sozialen und gesundheitlichen Folgen.

Die AWO betreibt über 150 Kindergärten in Thüringen und viele weitere soziale Einrichtungen – viele davon in so genannten „Problemgebieten” mit überwiegend armer Bevölkerung. Unsere Mitarbeiter*innen kennen daher all die Probleme und erleben jeden Tag, wo Hilfe dringend nötig ist.

Die AWO Thüringen schließt sich deshalb dem AWO Bundesverband an und fordert, der Prävention und Überwindung von Kinderarmut in der nächsten Legislaturperiode höchste Priorität einzuräumen – u.a. durch die Einführung einer einkommensabhängigen Kindergrundsicherung! Deshalb unterstützt die AWO auch das Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG, das einen Systemwechsel in der Kinder- und Familienförderung in Form einer monatlichen Grundsicherung fordert, die die bisherigen Leistungen bündelt und das kindliche Existenzminimum einfach und direkt sichert.

Klare Kante gegen Rassismus!

Deutschland ist ein Einwanderungsland und die deutsche Gesellschaft vielfältig. Gleichzeitig ist Rassismus ein gesellschaftliches Phänomen und damit eine strukturelle Herausforderung. Auch in den Migrationsberatungsstellen für erwachsene Zuwander*innen und den Jugendmigrationsdiensten der AWO in Thüringen berichten Ratsuchende mit Migrationsgeschichte immer wieder von Erfahrungen mit rassistischer Diskriminierung.

Die AWO Thüringen zeigt deshalb Gesicht gegen Rassismus und Diskriminierung und für Vielfalt – sei es durch verschiedene Programme wie die Respekt Coaches an sekundären Schulen oder Veranstaltungen, wie Lesungen und Fachvorträge im Rahmen der internationalen Woche gegen Rassismus, aber auch die Mitwirkung an der Interkulturellen Öffnung von Unternehmen und Organisationen in Thüringen. Nicht zuletzt macht die AWO Thüringen auf Landes- und Bundesebene durch politische Lobbyarbeit, Themen wie Rassismus sichtbar und wirkt an Richtlinien und Gesetzesentwürfen gegen Diskriminierung im Freistaat mit.

Wir erwarten von einer neuen Bundesregierung, dass sie Maßnahmen gegen Rassismus und Diskriminierung fördert, für eine ausreichende Finanzierung der Migrationsberatungsstellen sorgt und die diverse Gesellschaft organisiert und gestaltet!

Mehr Teilhabe für Menschen mit Behinderung!

Menschen mit Behinderung haben ein Recht auf eine volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe in allen Bereichen des Lebens.

In den verschiedenen Einrichtungen für Menschen mit Behinderung – von den integrativen Kindergärten und Frühförderstellen, über Tages- und Werkstätten hin zu verschiedenen Wohn- und Pflegeheimen –  fördern unsere Mitarbeiter*innen tagtäglich die gleichberechtigte und selbstbestimmte Teilhabe.

Dafür muss jedoch auch die Umwelt barriere- und diskriminierungsfrei zugänglich sein. Deshalb fordert die AWO sowohl in Thüringen als auch auf Bundesebene mehr Investitionen in Barrierefreiheit im öffentlichen Raum, das betrifft u.a. die Zugänglichkeit und Nutzbarkeit von öffentlichen Gebäuden und Dienstleistungen. Dabei muss auch die digitale Teilhabe mitgedacht und dafür politische Rahmenbedingungen geschaffen werden. Im Sinne einer inklusiven Kinder- und Jugendhilfe fordern wir zudem, dass alle Kinder Zugang zu regulären Bildungseinrichtungen und Freizeitangeboten haben.

Mehr Anerkennung für Ehrenamtliche!

Bürgerschaftliches Engagement ist essentiell für unser demokratisches Gemeinwesen. Ein Rückzug des Staates oder der Abbau von sozialen Angeboten dürfen das Ehrenamt jedoch nicht zum einem Lückenfüller machen.

Auch in den Einrichtungen, Projekten und Ortsvereinen der AWO Thüringen engagieren sich weit über 7.000 Menschen ehrenamtlich und leisten damit tagtäglich wertvolle Arbeit zum Wohle ihrer Mitmenschen. Dabei ist die Breite und Fülle ihres Engagements so vielfältig wie die AWO selbst.

Bereits im vergangenen Jahr sprach sich die AWO Thüringen dafür aus, die Förderung des Ehrenamts als Staatsziel in die Landesverfassung aufzunehmen. Darüber hinaus fordern wir auf Bundesebene eine langfristige (finanzielle) Absicherung ehrenamtlicher Aktivitäten sowie eine damit einhergehende erhöhte Wertschätzung. Zudem müssen die vielen bürokratischen Hürden, Unterschriften und Formalien abgebaut werden, die das Ehrenamt zunehmend lähmen.