Kassensturz – Familien signalisieren, dass nichts mehr geht

Aktionswoche Schuldnerberatung: Im Gespräch mit Olivia Höppner, Leiterin einer AWO-Beratungsstelle

Erst Pandemie, dann kriegsbedingte Kostensteigerungen: Die sieben Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatungsstellen der AWO Thüringen vermelden steigenden Beratungsbedarf. Wir haben mit Olivia Höppner, Leiterin der Beratungsstelle der AWO Saale-­Holzland-Kreis in Hermsdorf gesprochen.

AWO: Suchen mehr Menschen als üblich Rat bei Ihnen in der Beratungsstelle? 
2020 war die Nachfrage noch nicht wesentlich höher, aber seit 2021 melden sich doch gravierend mehr Ratsuchende bei uns. 

AWO: Wer meldet sich vor allem bei Ihnen? 
Vor allem Selbstständige, die ihr Geschäft noch nicht so lange betreiben. Uns erreichen meist akute Hilfegesuche, weil das Konto gesperrt wurde. Es melden sich auch viele Familien, bei denen die finanzielle Situation monatlich sowieso schon auf Kante genäht war. Sie signalisieren jetzt, dass es nicht mehr geht, Rechnungen nicht mehr bezahlt werden können oder der Strom schon gesperrt wird.

Unverhofft mussten viele Menschen mit 60 oder 70 Prozent Kurzarbeitergeld auskommen, das klappt bei kleinen Einkommen nicht auf Dauer. Im eher ländlich geprägten Saale-Holzland-Kreis haben viele Menschen mit einer Immobilie jetzt auch Probleme, ihre oft schon jahrelang gezahlten Kreditverträge zu bedienen. 

AWO: Wie sieht Ihre Beratungsarbeit dann aus? 
Meist kommen die Ratsuchenden erst sehr spät, wenn sie das Ruder allein nicht mehr herumreißen können. Wir helfen, die Situation zu sortieren, unterstützen bei Wohnungskündigungen, bei Stromsperren und bei Lohnpfändungen.

Im Bedarfsfall unterstützen wir bei einer Umschuldung bei Sparkassen und Banken und begleiten die Antragsteller*innen im Gegensatz zu einem Rechtsanwalt im Verbraucherinsolvenzverfahren bis zur Restschuldbefreiung durch das Amtsgericht.

Unser Ziel ist immer, die Situation nachhaltig zu klären. Voraus­setzung ist, dass unsere Klienten aktiv mitarbeiten. Anfangs erhalten sie daher von uns eine Checkliste, nach der sie alle wich­tigen Unterlagen sortieren und zusammenstellen müssen, bevor wir weiterarbeiten können. 

Das Interview ist zuerst ist dem Verbandsmagazin "Lotte" des AWO Landesverbandes Thüringen e.V. erschienen.

Weitere Informationen:

Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatung - AWO Ostthüringen (awo-shk.de)

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