Fachtag "Robotik in der Pflege"


Pepper, Hera, Roger! Jeder Roboter hat nicht nur eine spezielle Aufgabe und Funktion, sondern natürlich auch einen Namen. Während sich die Fachkräftefrage als eine Herausforderung im Pflegebereich herauskristallisiert hat, bringen technische Entwicklungen im Bereich Digitalisierung und Robotik zahlreiche Nutzungsmöglichkeiten, aber auch weitreichende Fragen mit sich. Wie vermenschlicht darf Technik sein? Welche Entlastungs- und Nutzungsmöglichkeiten bietet Robotik? Was ist gesellschaftlich akzeptiert? Wie sieht der gesetzliche Rahmen aus?

Der AWO Landesverband Thüringen e.V. und das Fachgebiet für Neuroinformatik und Kognitive Robotik der TU Ilmenau veranstalten am 17. Juni einen Fachtag zum Thema Robotik in der Pflege mit Diskussion, Vernetzung und Laborbesuch.

Fachtag
Robotik in der Pflege - Wünsche und Anforderungen aller in die Pflege involvierten Akteure - Zu Pflegende, Familien und Pflegedienste - im Kontext ethischer Fragen und gesetzlicher Rahmenbedingungen

Termin: Montag, 17. Juni 2019
Ort: Ilmenau – Meitnerbau, Gustav-Kirchhoff-Straße 5, Technische Universität Ilmenau

Der Fachtag widmet sich sowohl aktuellen Beispielen und Möglichkeiten technischer Anwendungen, als auch verschiedenen ethischen Fragen im Hinblick auf das Verhältnis von Mensch und Maschine. Der Fachtag versteht sich dabei als Beitrag zum gesellschaftlichen Diskussionsprozess zwischen Nutzen, Machbarkeit und Wertorientierung.

Anmeldung und Rückfragen an AWO-Verbandsreferent Sebastian Perdelwitz Tel.: 0361 21031-172 oder sebastian.perdelwitz@awo-thueringen.de

 

"... dann wird aus Spielerei Realität im täglichen Einsatz."

Interview mit Sabine Spittel, Grundsatzreferentin Altenhilfe und Pflege bei der AWO Thüringen

Ist das Miteinander von Mensch und Maschine etwas, das uns in Zukunft in der Pflege öfter begegnen wird?

Sicherlich nicht nur in der Pflege. Nach einer aktuellen repräsentativen Befragung der AOK Hessen* sind die etwa 1200 Befragten offen für innovative Konzepte. Jeder Zweite würde einen Pflegeroboter in einer unterstützenden Rolle akzeptieren. Ähnliche Ergebnisse zeigt eine FORSA-Umfrage, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung in Auftrag gegeben wurde: 83% der Deutschen können sich die Nutzung eines Service-Roboters vorstellen.


Welche Funktionen wären sinnvoll - oder rechnen Sie auch mit einer Aufsplittung in "Alltagsgefährten" und "Assistenten", die aktiv bei der Pflege helfen?

In Abhängigkeit von den Einsatzbereichen und der damit verbundenen Anzahl von potentiellen Nutzer*innen (Häuslichkeit, Wohnanlagen/Wohngemeinschaften mit mehreren Mieter*innen, stationäre Einrichtungen) sind die Einsatzmöglichkeiten sicherlich differenziert zu bewerten. Alleinlebende Menschen in ihren eigenen vier Wänden sehen einen Nutzen wohl eher in der Funktion des „Alltagsgefährten“. In der vollstationären Pflege denkt man eher an Assistenzfunktionen, die in der Pflege und Betreuung entsprechende Aufgaben übernehmen und Kolleg*innen, z.B. bei Transportaufgaben, entlasten könnten. Ausschlaggebend ist hier bestimmt auch das Verständnis darüber, was ein Roboter ist und welche Aufgaben Maschinen übernehmen können. Denkt man an die bereits technisch ausgereifteren Systeme, die beim Rasenmähen oder Staubsaugen eingesetzt werden, so sind sie als Helfer für verschiedene Anwendergruppen bereits heute willkommen.

Auch im Projekt SYMPARTNER wurde von der überwiegenden Anzahl der Probanden eingeschätzt, dass der Roboter zur Bereicherung des Alltages beiträgt, Abwechslung bringt und die Einsamkeit in einem Singlehaushalt verringern kann. Weitere Nennungen waren die Erinnerung an Termine oder das Trinkverhalten sowie kognitive und motorische Anregungen. Über die Hälfte der 120 Probanden können sich eine Kommunikation mit dem Roboter vorstellen. Eine Mieterin, die den Sympartner-Roboter testete, beschrieb es so: “Es ist einfach schön, wenn man nach Hause kommt und begrüßt wird.“


Macht so ein hochpreisiges System überhaupt Sinn im Alltag oder wird das Spielerei bleiben?

Viele technische Entwicklungen wurden ganz am Anfang als Spielerei eingeschätzt. Wer hätte vor Jahren gedacht, dass es ganze Werkhallen gibt, die mit Robotik ganze Produktionslinien ohne wesentliche Anwesenheit von Menschen realisieren. Oder sehen wir uns die Entwicklung der Smartphones an - man kann damit auch telefonieren, aber wer nutzt diese Technik noch dafür? Man muss sich mit dem Thema beschäftigen. Wenn die Systeme technisch ausgereifter und in Zukunft auch bezahlbarer werden, dann wird aus der Spielerei Realität im täglichen Einsatz.


Kann sowas auch dazu beitragen, den Kontakt zwischen Menschen zu verbessern - etwa, um mit Verwandten und Freunden in Kontakt zu bleiben?

Natürlich. Auch hier gibt es bereits die verschiedensten Ansätze, dass Angehörige, die nicht im gleichen Haushalt mit ihren pflegebedürftigen Familienmitgliedern leben, an deren Leben teilhaben könnten. Könnten - vorausgesetzt alle Beteiligten wollen dies auch. Vor dem Hintergrund von Kommunikation und Information über kritische Lebenslagen (z.B. eine Person ist gestürzt) können technische Lösungen entsprechende Informationen liefern. Eine weitere Voraussetzung wäre dann das Vorhandensein einer „Helferkette“. Aber auch für die Kontakte über Videotelefonie oder Mails können technische Lösungen helfen, insbesondere wenn sie die vorhandene eingeschränkte Mobilität berücksichtigen und das Telefon zum Nutzer gebracht wird.


* Zeitschrift Altenheim 11.2.2019, Vincentz Verlag