Homeoffice ist keine Option

Die Corona-Pandemie ist auch für die AWO eine große Herausforderung. Die Bewohner von Pflegeheimen dürfen keine Besucher mehr empfangen, Pflegemitarbeiter sind nun mehr denn je als Seelentröster gefordert. Gleichzeitig drohen Mitarbeiter auszufallen, die ihre Kinder nicht mehr betreuen können oder selbst krank werden. Tagespflegeeinrichtungen für ältere Menschen mussten schließen, die häuslichen Pflegedienste ihre Touren dezimieren. In den Kindergärten herrscht Notbetrieb nur Beschäftigte „kritischer Infrastrukturen“. Auch Beratungsstellen, Frühförderstellen, Familienzentren, Begegnungsstätten, Jugendclubs sind dicht.

Rund 10.000 AWO-Beschäftigte in Thüringen stehen vor der Herausforderung, einerseits selbst Mütter und Väter zu sein, andererseits teils lebensnotwendige Berufe direkt am Menschen auszuüben. Das oft zitierte Home-Office ist dabei in den meisten Fällen keine Option. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten dabei täglich Bemerkenswertes!

Hier sammeln wir Geschichten aus der Pflege, den Kindergärten und mehr, die zeigen, wie hoffnungsvoll, positiv und kreativ der AWO-Alltag in Zeiten von Corona ist. Danke an alle Kolleginnen und Kollegen da draußen, die so engagiert ihr Bestes geben!

Alle Fotos sind hier bei Flickr gesammelt. Tagesaktuelle Einblicke gibt es auch auf den AWO-Präsenzen auf Facebook und Instagram.


Vom Brief bis zum Videoanruf - die Corona-Krise macht kreativ und digital

Die Pflegeheime der AWO sind offene Häuser: Es gibt keine festen Besuchzeiten, die Bewohner sollen so lange wie möglich Teil der Gemeinschaft bleiben können, Besuch bekommen und selbst Besuche und andere Wege erledigen können. Derzeit ist das freilich anders: Besuche und Ausflüge sind nicht möglich, salopp gesagt kommt keiner rein und keiner raus aus dem Pflegeheim, abgesehen von den Mitarbeiterinnen.

Glücklicherweise gibt es zahlreiche weitere Kommunikationswege, deren Bandbreite nun voll ausgeschöpft wird. Natürlich laufen die Telefone vieler Heimbewohnerinnen nun heiß. Aber auch der klassische Brief erlebt nun eine Renaissance und viele Senioren freuen sich über handgeschriebene Zeilen von den Kindern, Enkeln und Freunden.

Nähe in der Distanz

Als großer Vorteil erweist sich gerade jetzt die Möglichkeit der Videotelefonie: Ein großer Dank geht an die Beschäftigten in den Pflegeheimen, die Videogrußbotschaften der Senioren aufnehmen und an die Angehörigen schicken, die Bewohner bei einem Live-Videoanruf unterstützen und vieles mehr.

Die Bewohner des AWO Seniorenwohnparks Schlotheim freuen sich z.B. über regelmäßige Videobotschaften vom örtlichen Pfarrer und kleine Videos von den Kids aus dem Paten-Kindergarten (natürlich zu Hause in Familie aufgenommen).


Nicht einmal zehn Prozent der Thüringer Kita-Kinder gehen derzeit in den Kindergarten. Was passiert eigentlich derzeit in den Kitas, mit so wenigen Kindern? Die Notbetreuungsgruppen spielen, basteln, lesen, malen, toben und schlafen natürlich, so wie an ganz normalen Kindergartentagen auch. Für die pädagogischen Fachkräfte bleibt nun aber Zeit für vieles, was bisher meistens liegen blieb und neben der Kinderbetreuung zweitrangig war.

Im AWO Kindergarten "Wirbelwind" nutzen die Erzieherinnen und der Haustechniker die Zeit, um die Möbel und das Spielzeug grundlegend zu reinigen. Es werden Bettchen geschrubbt, Bausteine geputzt. In der AWO Kindertagesstätte "Hanseviertel" in Erfurt haben die Pädagoginnen die sonnigen Märztage genutzt, um den Garten der Einrichtung auf Vordermann zu bringen. "Wir machen das beste aus der Situation und holen uns den Frühling ins Haus", so Leiterin Heike Ringmann. Auch im Erfurter Ortsteil Ermstedt sind die Erzieherinnen derzeit zusätzlich noch Handwerkerinnen, Raumplanerinnen und Reinigungskräfte. "Wir nutzen die Zeit zum Umräumen, Ausmisten und Sortieren", erzählt Mitarbeiterin Isabell Gerber. "Wir haben den Wintergarten einladender gestaltet und Platz für ein neues Spielpodest geschaffen." Das wird am 19. März nämlich angeliefert und vom Team fachgerecht aufgebaut.


Absolut nachahmenswert ist die Idee, die das Team der AWO Kita "Schlossgespenster" in Unterellen/Gerstungen hatte: Die Erzieherinnen haben ihren Schützlingen einen Brief geschrieben, in dem sie kindgerecht erklären, warum die Kinder erst einmal "Urlaub" haben:

Hallo ihr lieben Glitzerschmetterlinge und Glitzer-Regenbogenkinder,

wie ihr wisst, fängt für euch nun eine lange Urlaubszeit an. Weil wir uns vorher nicht noch einmal sehen konnten, möchten wir euch und euren Eltern ein paar Grüße schicken.

Stellt euch mal vor: Im Moment gibt es draußen in der großen weiten Welt klitzekleine Wesen, die heißen Corona, mit Nachnamen Virus. Diese Coronas sind ziemlich blöd und mögen es, wenn Menschen krank werden. Im Moment suchen die großen schlauen Leute noch ein Heilmittel, um die Coronas zu besiegen.

Was jetzt erstmal hilft, ist, dass wir alle zu Hause bleiben, damit die Familie Virus nicht von Kind zu Kind hüpfen kann und schnell wieder verschwindet. Was jetzt ganz wichtig ist, ist Liebe, viel Freude und Lachen - und Hände waschen nicht vergessen.

Bis der Kindergarten wieder offen ist, machen Anja, Ulrike und Friederike im Kindergarten alles schön sauber und richten ihn her, damit wir in ein paar Wochen einen tollen Start miteinander haben werden.

Wir freuen uns ganz sehr darauf, euch bald wiederzusehen und dann ist auch unsere neue Erzieherin Annemarie endlich da.

Damit euch die Zeit nicht zu lange wird, haben wir noch eine kleine Geschichte für euch...

Von ganzem Herzen euch Gesundheit wünschend
Ulrike und Friederike


Ebenfalls eine riesige Herausforderung ist die Pandemie für die stationäre Jugendhilfe. "Die Kinder und Jugendlichen sind nun rund um die Uhr da, weil die Schulen ja geschlossen sind", erklärt Kai Werner, der in Erfurt die AWO Kinder- und Jugendheime "Schillerstraße" und "Ringelberg" leitet. "Wir können diese zusätzlichen Stunden mit unseren Mitarbeitern kaum abdecken." Dabei sind sogar Kolleg*innen aus dem Urlaub zum Dienst gekommen.

Großartigerweise haben sich Erzieherinnen aus Kindergärten und der AWO-Schuleinrichtung "Kleeblatt" bereiterklärt, bei der Lernzeitbetreuung auszuhelfen. Sophia Fink (Kita Mittelhausen), Sandra Wiewald (Kita Egstedt) und Lisa Thon aus dem "Kleeblatt" sind seit dieser Woche in den beiden Heimen tätig. "Das begeistert und motiviert uns alle", freut sich Kai Werner. Und betont: "Ich finde das unheimlich mutig. Einerseits setzen sie sich einem zusätzlichen Ansteckungsrisiko aus, andererseits nehmen sie die Herausforderung eines ganz neuen Arbeitsfeldes an."

Natürlich gibt es noch viele weitere AWO-Held*innen! Die Ostthüringer Zeitung berichtete beispielsweise am 26. März über AWO-Pflegeheimleiter Michael Weise aus Gera.

Nachhilfe im Händewaschen

Richtig Händewaschen will gelernt sein, gerade in der aktuellen Situation. Deswegen gab es für die jungen Bewohner des Kinderheims "Schillerstraße" in dieser Woche einen Kurs in Sachen Händewaschen. Sie haben sich mit der Hauswirtschaftsmitarbeiterin ein Schulungsvideo angeschaut und das Gelernte im Bad gleich in die Praxis umgesetzt. Richtig und Wichtig!


Ein riesiges Dankeschön geht auch an Andrea Rudolph, Brigitte Brehm und Kerstin Edelmann aus dem AWO-Kindergarten "Sonnenkäfer" in Mengersgereuth-Hämmern! Die Kolleginnen helfen morgens und abends in den AWO Senioren-WGs im Ort aus. "Sie unterstützen uns bei der Betreuung, lesen zum Beispiel vor und helfen uns damit enorm", so WG-Leiterin Simone Zimmer. Außerdem helfen sie im hauswirtschaftlichen Bereich. Die Erzieherinnen wechseln sich ab und decken morgens und abends je zwei Stunden Betreuungszeit ab.


Zu den vielen AWO-Multitalenten zählt Mathias Kaufhold. Der Pädagoge arbeitet im "Haus Wellenbrecher", einer Einrichtung der Jugend- und Familienhilfe in Leinefelde. Daneben ist er auch Kinderliedermacher und tritt regelmäßig auf. Seine aktuellen Konzerte fallen wegen der Pandemie und des Veranstaltungsverbotes natürlich aus. "Warum nicht die sozialen Medien nutzen", dachte sich der junge Familienvater und wird kurzerhand ein Live-Konzert auf Facebook (Mi, 18.03., 17 Uhr) und eines bei Instagram (Do, 19.03., 17 Uhr) streamen. Außerdem plant er, dort unter dem Hashtag #bastelnstattpanik regelmäßig Basteltipps zu veröffentlichen.


Übrigens: Die AWO Jugendclubs sind zwar geschlossen - aber nicht unerreichbar. So bietet das Kinder- und Jugendhaus "East End" in Eisenach an, mit dem Team via Facebook, Instagram, Telefon oder E-Mail ins Gespräch zu kommen und freut sich darauf, mit den Kindern und Jugendlichen über das neuen Projekt "Oststadt-Kids" zu sprechen. Dabei soll es um das Leben in der Eisenacher Oststadt gehen, die vorhandenen oder gewünschten Angebote für Kinder und Jugendliche, die besten Treffpunkte und vieles mehr. Hier geht es zum Aufruf und den Kontaktdaten.

Der Kinderclub "Nest" im nahen Wutha-Farnroda nutzt die "kinderlose" Zeit zum renovieren. Unter dem Motto "Malern für die Kids" bekommen die Räumlichkeiten einen neuen Anstrich.